Bild: Kfz- und Elektroinnung machten auf dem Automobilsalon gemeinsame Sache, denn bei der E-Mobilität spielt vor allem die Ladetechnik eine Rolle. Kfz-Innungsobermeister Friedhelm Lenhart (3. Von rechts) und sein Innungskollege Michael Will (4. Von rechts) verwiesen beim Rundgang mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft auf die vielfältigen Probleme etwa bei Lade-Hausanschlüssen oder Stromnetz-Kapazitäten. Fazit: Der Strom kommt zwar aus der Steckdose, aber wie er in den Auto-Akku soll, ist vielen noch ein Rätsel. (Armin Seibert / KHS)

Eröffnung des 43. Bad Kreuznacher Automobilsalons – Kfz- und Elektroinnung machen bei E-Mobilität gemeinsame Sache

Bad Kreuznach. So wetterwendisch wie das Aprilwetter zur Eröffnung des 43. Bad Kreuznacher Automobilsalons präsentiert sich aus der Sicht der Automobilbranche auch die Politik in Sachen Automobilität. Zum Auftakt der größten rheinland-pfälzischen Autoausstellung zogen die rund 100 „Offiziellen“ mit Veranstaltungs-Chef Andreas Schnorrenberger kurzerhand um in den überdachten Pavillon von Matthias Barth. Schnorrenberger veranstaltet den Autosalon zum Dritten Mal in Folge und heimste unter Beifall ein dickes Lob von Landrätin Bettina Dickes ein. „Es geht hier um unsere Stadt,“ sagte Dickes, und Schnorrenberger betonte: Wichtig sei doch, hier zu kaufen und gemeinsam in die gleiche Richtung zu schwimmen (in Anlehnung an den April-Schauer zur Eröffnung). Kfz-Innungsobermeister Friedhelm Lenhart sagte den versammelten Politik-Vertretern von Bundestag und Landtag, dass sich die Rahmenbedingungen der Kfz-Branche deutlich verschlechtert hätten, was sich mit einem Zulassungsminus bei E-Fahrzeugen um 30 Prozent und insgesamt um 15 Prozent im ersten Quartal 2024 niederschlage. Lenhart: „Die Verbraucher sind verunsichert.“ Wichtig sei, dass die Politik offener und weniger ideologisch agiere und offen für alternative Antriebe bleibe. Die Branche brauche verlässliche Bedingungen. Lenhart nannte dazu ein Negativbeispiel, wie man es nicht braucht: Große Vermieter hätten 2024 keine E-Fahrzeuge mehr im Programm, müssten bis zu 245 Millionen Euro abschreiben. Deshalb sei vor kurzfristigen Veränderungen möglichst abzusehen. Man dürfe die Kfz-Branche nicht allein lassen, sie nicht im Regen stehen lassen. Markus Schlosser merkte als städtischer Wirtschaftsförderer ironisch und kritisch an, die Politik habe die E-Mobilität blockiert, dafür aber Cannabis freigegeben.

Weil Information für die Verbraucher so wichtig ist, gerade was die Kombination von E-Mobilität und Elektrotechnik im Haus anbetrifft, hatten Kfz-Innung und Elektroinnung auf dem Automobilsalon einen gemeinsamen Stand eingerichtet. Elektro-Innungsobermeister Michael Will und sein Kfz-Kollege Lenhart informierten über alle aufkommenden Fragen. Gut, dass dank der großflächigen Solaranlagen in der Region die Netze so stabil seien, sagt Will. Leider wurde der gemeinsame Stand ein Opfer des Sturms, aber es sei garantiert nicht der letzte gemeinsame Stand gewesen, sagen die Innungsobermeister im Rückblick.

Ohne Auto ging in der ländlichen Nahe-Region nach wie vor nicht viel, weiß CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner und plädiert für nachhaltige und bezahlbare Mobilität. Die E-Förderung hätte man nicht schlagartig beenden dürfen sagt sie. Ihr Kollege Dr. Joe Weingarten, der autoaffin ist und auf einer Tankstelle aufgewachsen ist, macht sich für einen Mix stark, gibt aber zu: „Was das Beste ist, weiß ich nicht.“ Veränderungen seien nur aus der Bewegung heraus möglich, im Stillstand aus dem Autofenster heraus gegen alles zu poltern bringe nichts. Veränderungen wurden auch im Hinblick auf die Straßen und Radwege im Bad Kreuznach angesprochen. Da gelte es nachzubessern. Den Spaß und die Freude am Auto und der individuellen Mobilität will man sich jedenfalls nicht vermiesen lassen.

„Wir müssen im Gespräch bleiben,“ sagt Innungsobermeister Lenhart als Fazit nach einem Automobilsalon mit ganz vielen Baustellen. Zum Thema E-Mobilität hat er mit seinen Kollegen noch etliche bislang kaum beachtete Themen auf Lager. Was ist mit der Prüfung der E-Ladekabel? Das sei ungeklärt, müsse verhandelt werden. Was passiert auf dem E-Auto-Markt für Gebrauchtfahrzeuge? Weil es keine einheitliche Prüfung der Akkus gibt, sind potenzielle Kunden tief verunsichert, weil sie nicht wissen, ob ihre Investition überhaupt lohne. Rückläufer aus Leasing-Verträgen seien ebenfalls schwer zu kalkulieren. Firmen müssten eventuell hohe Abschreibungen einkalkulieren, der Endkunde stehe aber vor einem Risiko und der Frage: Was kostet mich das alles. Bei einem Verbrennerfahrzeug sei das weitgehend klar, die Gebrauchtwagenpreise seien zumindest grob kalkulierbar. Vor dieser Grundsatzfrage (lieber konventioneller Antrieb statt E-Auto?) hoffe er, so Lenhart, dass sich die heimischen Produzenten von China nicht nach Photovoltaik und E-Mobilität auch noch das Knowhow von 100jähriger Verbrennertechnologie aus der Hand nehmen lassen. Durch die EU-Vorschriften bei den CO2-Emmissionen hätten die europäischen Hersteller auf E-Mobilität setzen müssen, weiß Lenhart. Er erinnert aber daran, dass auch E-Autos nicht emmissionsfrei fahren, denn den Strom aus der Steckdose müsse man erst einmal erzeugen. Den Diesel habe man mit der Feinstaubdebatte kaputtgeredet, und danach frage aktuell niemand mehr. Alles in allem also ein riesiges Diskussions-Paket rund ums Auto. Dabei ist Experten- und Praktikerwissen gefragt, um Nachhaltigkeit und Praxistauglichkeit im ländlich geprägten Raum zu erreichen. Lenhart hofft, dass die Politik der Kfz-Branche ein offenes Ohr schenkt, denn die Branche sei nah dran an der Praxis. Lenhart: „Es sind noch dicke Bretter zu bohren.“ Für den Automobilsalon hält er ein größeres Veranstaltungszelt für sinnvoll, wo etwa eine Podiumsdiskussion stattfinden könnte. Gleichwohl macht er Veranstalter Schnorrenberger ein Kompliment: Der macht das ganz gut.