Nach zweijähriger Pause zeigt sich die Autobranche am Wochenende wieder beim Automobilsalon auf der Pfingstwiese in Bad Kreuznach.
Kfz-Obermeister Friedhelm Lenhart über die Situation der Kfz-Branche, die Bedeutung von Messen und die Auswirkungen von Pandemie und Ukraine-Krieg.
Quelle: Wochenspiegel Bad Kreuznach vom 20.04.2022
Herr Lenhart, wie beurteilen Sie die Situation der Autobranche im Bereich der Innung Rhein-Nahe-Hunsrück?
Die Situation ist ambivalent. Einerseits ist eine längere Nutzungsdauer des vorhandenen Fahrzeugbestandes festzustellen, was in der Regel eine höhere Wartungsintensität und damit eine bessere Auslastung der Werkstätten zur Folge hat. Dieser positive Effekt, wird aber durch eine geringere Fahrleistung – bedingt durch die Pandemie und neuerdings durch die hohen Spritpreise- wieder zunichtegemacht. Das Werkstattgeschäft und den Gebrauchtwagenhandel kann man durchweg als gut bezeichnen, aber im Neuwagenhandel kann die Nachfrage – bedingt durch Lieferengpässe in der Automobilindustrie- nicht zufriedenstellend bedient werden.
Inwiefern sind zwei Jahre Pandemie und der Krieg in der Ukraine ein Thema für den Händler vor Ort?
Beide Themen beschäftigen unsere Branche sehr. Die Pandemie hat einen Transformationsprozess in Gang gesetzt, der durch den Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen noch beschleunigen wird. Mobilität wird zunehmend neu gedacht. Angefangen bei der E-Mobilität, über Carsharing, Auto-Abo, E-Bike statt Auto, Home-Office uns so weiter. Das verunsichert einerseits, fordert aber auch heraus, diesen Prozess aktiv mit zu gestalten.
Mit welchen Erwartungen fahren Händler und Werkstätten dann in diesem Jahr zum Automobilsalon auf der Pfingstwiese?
Im Vordergrund steht die Bereitschaft den Besuchern ein breitgefächertes Angebot von Fahrzeugen zu präsentieren und Begeisterung zu wecken. Aber natürlich auch Kontakte zu knüpfen, die dann möglicherweise zu einem Vertragsabschluss führen.
Welche Bedeutung haben solche Messen heutzutage noch für die Branche?
In unserer digitalisierten Welt haben Messen eine besondere Bedeutung, bieten sie den Besuchern doch Mobilität zum „Anfassen« und das gleichzeitig mit umfassender Beratung durch kompetente Ansprechpartner. Das gilt umso mehr in Bezug auf den zunehmenden online-Handel. Paradoxerweise steigt der offline-Informationsbedarf bei online-Geschäften sogar an, hervorgerufen durch eine größere Vielfalt der angebotenen Antriebskonzepte und deren immer umfangreicheren Komplexität. Die bedeutendste Offline-Information ist die Probefahrt vor einem Neuwagenkauf. Laut einer Umfrage machen 71 Prozent der Neuwagenkäufer, die ihr Auto im Autohaus kaufen vor dem Kauf eine Probefahrt. Beim Kauf über eine online-Plattform machen sogar 80 Prozent der Neuwagenkäufer vorher eine Probefahrt mit dem entsprechenden Modell.
Steigt auch hier in der Region die Nachfrage nach alternativen Antrieben? Oder spielt das im ländlich geprägten Raum eher noch keine Rolle?
Natürlich steigt die Nachfrage nach alternativen Antrieben, vor allem in Bezug auf E-Mobilität. Gerade im ländlichen Raum haben viele Hausbesitzer Fotovoltaik-Anlagen auf ihren Dächern, für die in naher Zukunft die einst lukrativen Einspeiseverträge auslaufen. Da wird ganz intensiv darüber nachgedacht, wie man den selbst erzeugten Strom sinnvoll verwerten kann.
Hat der Verbrennungsmotor noch Zukunft und wenn ja, wie wird diese aussehen?
Der Verbrenner hat noch eine Zukunft, wenn es gelingt in ausreichender und wirtschaftlicher Weise synthetische Kraftstoffe herzustellen. Vor allem auf der Langstrecke und im Güterverkehr. Es muss uns aber bewusst sein, dass er im Moment, auch mit dem Verbrauch von fossilen Brennstoffen gegenüber dem E-Antrieb noch alternativlos ist, solange bis es möglich ist, für die E-Mobilität auch die benötigte Strommenge und die dafür benötigte Infrastruktur bereit zu stellen.
Im Gegensatz zu anderen Branchen verzeichneten die Kfz-Betriebe im Innungsbezirk eine steigende Zahl von Lehrverträgen. Woran liegt‘s?
Der Beruf des Kfz-Mechanikers, heute des Kfz-Mechatronikers, hatte schon immer eine hohe Anziehungskraft. Für technikaffine Menschen bietet dieser Beruf ein umfangreiches Betätigungsfeld. Sei es im Bereich der Elektronik, der Antriebstechnik oder im Karosseriebau. Erwähnen möchte ich auch den Bereich Wartung und Restauration historischer Fahrzeuge. Dafür gibt es spezielle Aus – und Fortbildungsangebote. Allerdings macht sich auch in unserer Branche der Fachkräftemangel bemerkbar. Bedingt durch den sich immer schneller vollziehenden technischen Wandel, erhöhen sich natürlich auch die Anforderungen der Einstiegsqualifikation, einhergehend mit einer Reduzierung der Bewerber.