Profis gestatten Einblick ins Berufsleben

Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer bietet vielfältige Möglichkeiten – Wirtschaftsministerium fördert die fachpraktische Erprobung 

Bad Kreuznach. Im Berufsbildungszentrum Bad Kreuznach der Handwerkskammer Koblenz kehrt nach der Corona-Krise wieder der Alltag ein. Gut 500 Schüler pro Jahr können hier in den Werkstätten und Schulungsräumen in für sie interessante Berufe hineinschnuppern. Ausgewiesene Profis als Dozenten geben Einblicke ins Berufsleben.

Über 100 Schüler der 8. Klassen der Realschule plus in Birkenfeld informierten sich jetzt über die Berufswege im Friseurhandwerk, im Bereich Hörakustik, im Metallfach und bei den Fliesenlegern und Stuckateuren. Da wurde an vier Tagen eine riesige Palette von Möglichkeiten geboten. „Die jungen Leute lernen als erstes Mal wie es ist, wenn man fünf, sechs Stunden am Tag stehen muss“, sagt Martin Flohr, der in der großen Bauhalle zusammen mit seinem Kollegen Guntram Lief die Grundlagen bei Trockenausbau, Stuck, Mosaikarbeiten und Gießen von Figuren vermittelt. Anstrengend ist es, und auch ein bisschen weiß kann man durch den Gips werden.

Weniger anstrengend für die Arme aber anspruchsvoll für die Auffassungsgabe ist der Kurs, den Hörakustikmeisterin Ann-Katrin Wagner anbietet. Die verschiedenen hochkomplexen Hörsysteme sollen schließlich maßgeschneidert auf die Bedürfnisse der Kunden passen. Da ist erst mal ein bisschen Biologie fällig mit Schaubildern über die Funktion der Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel. Auch im Friseursalon, wo Sandra Dorfey an gut beweglichen Modellköpfen mit Echthaar vermittelt, wie man Haare richtig wäscht und dann nach Kundenwunsch weiterverschönert, staunen die jungen Leute. So einfach ist das alles gar nicht mit Lockenwicklern und Strähnchen. Und auch hier ist klar: Die Arbeit wird überwiegend im Stehen erledigt. Friseure hatten es während der Corona-Pandemie schwer, mussten gar schließen. Kammer-Dozentin Sandra Dorfey hat sich darauf spezialisiert, Kunden zu Hause zu besuchen, frisiert in Heimen.  Da muss man auf die Kunden und ihre Wohn- und Lebensverhältnisse eingehen können. Die jungen Leute folgen mit großem Interesse den geschickten Händen, sind teils gut informiert, was man mit einem vollen Haarschopf so machen kann.

Wie in den anderen Bereichen ist auch bei den Metallern sprichwörtlich kein Meister vom Himmel gefallen. „Eisen erzieht“ heißt es – da zieht es nach zwei drei Stunden Feilen ganz schön in den Armen. Erfahrung sammeln, einen Vortest machen, für welche Praktika man sich bewerben sollte – all das kann diese Berufsberatung vermitteln.

Für die Bereiche Bad Kreuznach und Kirn steht Sabine Helfrich für alle Schulen als Coach für betriebliche Ausbildung der Handwerkskammer zur Verfügung. Im Bereich Birkenfeld ist ihr Kollege Jürgen Klas zuständig.  Das Bildungszentrum ist dabei noch auf der Suche nach guten Honorardozenten. Sabine Helfrich: Je größer der Fachleute-Pool, desto besser. Die Berufserkundung der Jugendlichen wird durch eine Förderung des Wirtschaftsministeriums in Mainz zur beruflichen Orientierung und praktischen Erprobung außerhalb des Lernorts Schule ermöglicht.

Und die ersten Versuche laufen gut. Auch die Lehrer sind sehr angetan, ermöglicht der praktische Unterricht doch eine gute Durchmischung der Schüler. Konkret: Bei den über 100 Jugendlichen aus Birkenfeld waren Schüler, die „DaZ“-Klassen besuchen. DaZ heißt: Deutsch als Zweitsprache. Schüler mit Migrationshintergrund, die im Unterricht der 8. Klassen mangels Sprachkenntnisse nicht folgen können, blühen bei praktischen Tagen regelrecht auf, zieht Lehrerin Lena Weber ein positives Fazit gerade für diese Schüler. Das Bildungszentrum für die Lehrlings- und Meisterausbildung sowie für die Weiterbildung in vielen Berufen bietet die idealen räumlichen Voraussetzungen. Dass die vier Birkenfelder Klassen mit dem Zug von Neubrücke aus anreisen, morgens und abends den Fußweg von und zum Bahnhof absolvieren mussten, das gehörte zum Reinschnuppern in den Berufs-Alltag, der für viele gerade im Westen der Region mit zeitaufwendigem Pendeln zur Arbeit verbunden ist.

Dozentin Sandra Dorfey zeigt am Modell, wie man Haare richtig wäscht. Wer dachte, das kann doch jeder, lag schon mal falsch. Links: Sabine Helfrich, Coach für betriebliche Ausbildung im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer. Foto: KHS RNH/Armin Seibert

Sandra Dorfey kämmt eine Echthaarperücke und flechtet kleine Zöpfchen. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind riesig. Foto: KHS RNH/Armin Seibert

In der großen Bauhalle des Berufsbildungszentrum lernen junge Leute, was man mit Fliesen und Stuck alles machen kann. Zum Beispiel Mosaike. Foto: KHS RNH/Armin Seibert

Hörakustikmeisterin Ann-Katrin Wagner zeigte den Jugendlichen die Unterschiede der Systeme, auch ein Hörtest gehört natürlich dazu. Links: Links: Sabine Helfrich, Coach für betriebliche Ausbildung im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer. Foto: KHS RNH/Armin Seibert