Am Stand der Elektroniker-Innung gab es viel zu sehen und zum selbst ausprobieren. Bild: Armin Seibert/KHS

Bad Kreuznach. Zum bundesweiten „Tag des Handwerks“ präsentierten sich auch die Innungen und Handwerksbetriebe der Region Rhein-Nahe-Hunsrück bei der „Azubi-Börse“ in den Hallen im Haus des Handwerks mit einem vielfältigen Informations- und Mitmachprogramm. Die Resonanz der potenziellen Azubis und ihrer Eltern hielt sich indes in Grenzen. Schon bei der Nacht der Ausbildung im Mai war klargeworden, dass viel Überzeugungsarbeit nötig ist, um jungen Leuten den sprichwörtlich„goldenen Boden“ des Handwerks näherzubringen. Fachkräfte fehlen in allen Gewerken, und es gibt aktuell jede Menge freie Lehrstellen. Diese Botschaft schicken die drei Kreishandwerksmeister Alfred Wenz, Simon Henkel und Peter Mumbauer an alle Beteiligten: Jugendliche, Eltern, Schulen und an die Politik.

Vorsitzender Kreishandwerksmeister Alfred Wenz (Kreis Birkenfeld), gleichzeitig Bäcker-Innungsobermeister, merkt an, dass die Azubi-Vergütungen lukrativ seien. Lehrlinge im dritten Ausbildungsjahr verdienen über 1000 Euro und haben nach der Ausbildung allerbeste Aufstiegs-Chancen wie sonst nirgends.  Klar ist: Man kann die Jugend nicht zwingen, sich über den zweiten Bildungsweg zu informieren und dort zu starten. „Wir werden die Azubi-Börse analysieren und vielleicht das ein oder andere verändern und neue Ideen einbringen,“ sagt Wenz. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, auf dem Kreuznacher Kornmarkt ein Event zu starten. Gut gelaufen sei in der Vergangenheit die Rallye an Mitmachstationen und Gewinnmöglichkeit für die Besten. Aber das sei Zukunftsmusik. Wenz erinnert daran, dass Azubis mit guter mittlerer Reife aus begonnener Oberstufen-Schullaufbahn jederzeit in ein Lehrverhältnis einsteigen könnten. Viele Stellen seien noch frei.

Das unterstreicht Kreishandwerksmeister Simon Henkel (Kreis Bad Kreuznach), der bedauert, dass der große Aufwand der Kollegen mit Info- und Mitmach-Ständen eher wenig Rücklauf generierte. Man müsse realistisch sein und mit den Kräften arbeiten, die verfügbar seien. Aus- und Weiterbildung der Azubis und Gesellen zum gefragten Allrounder sei womöglich eine Lösung für die Betriebe. Aber die Arbeit, die jetzt und künftig insgesamt vor dem Handwerk liege, sei mit vorhandenem Kräftepotenzial schwer zu schaffen. Ein Umdenken in Eltern- und Lehrerschaft in Richtung handwerkliche Ausbildung sei nötig. Er habe den Eindruck, es sei ein wenig besser geworden. Zur Azubi-Messe gebe es auf dem großen Gelände mit dem Pavillon der Straßenbauer und der umliegenden Wiese interessantes Veranstaltungspotenzial.

Sein Kollege Peter Mumbauer (Kreis Rhein-Hunsrück) bleibt vorsichtig optimistisch, sieht wieder die Agentur für Arbeit mehr im Boot, die Elternbriefe verschicken könnte. Mumbauer hinterfragt wie seine Kollegen die Veranstaltungszeit. Samstags nachmittags hätten junge Leute wohl oft was anderes vor, gingen Fußball spielen. Diesmal hatte man wegen des gleichzeitig laufenden Kreuznacher Bauernmarktes auf die Mittagsstunden gesetzt.  Mumbauer: „Wir werden und müssen dranbleiben. Das dürfen wir nicht als Niederlage sehen.“ Die Ausbildungszahlen in der Region seien im Grunde gut, und es könnten Stellen nachbesetzt werden. Mumbauer: „Der Beginn einer Ausbildung hat sich verschoben. Früher ging es im August oder schon im Juli los.“ Der Kreishandwerksmeister erinnert an die von Julia Klöckner thematisierte Gleichstellungsforderung an die Politik. Schüler und Studenten hätten Vergünstigungen etwa bei der Nutzung des ÖPNV, die Azubis nicht aber zuteil würden. Da sei die Politik gefordert, für junge Leute Entlastung zu schaffen.

Das Fazit der Ausbildungsmesse werden die teilnehmenden Betriebe und Innungen in den nächsten Wochen ziehen. Bei der Bäckerinnungen gab es zehn Anfragen für Praktika. „Wenn zwei realisiert werden ist es gut,“ sagt Bäckermeister Wenz. Bei der Nacht der Ausbildung im Mai hatten die Stadtwerke eine einige erfolgreiche und realisierte Bewerbung. „Genug, um nächstes Jahr wieder mitzumachen,“ weiß Simon Henkel. Je nach Ausrichtung der Betriebe und der Ausbildungsinhalte und Verdienstmöglichkeiten ist die Nachfrage sehr unterschiedlich. So haben manche Betriebe keine Probleme, ihre Lehrstellen zu besetzen und setzen auf Werbung und Info. Andere sind der ausdrücklichen Einladung zum großen Treff im Haus des Handwerks mit Azubi-Börse und Gesellenfreisprechungsfeier nicht gefolgt. Dabei wäre gerade bei Fachkräftemangel und großen Herausforderungen Geschlossenheit der 1000 Handwerks-Innungsbetriebe immens wichtig in der Region mit drei Landkreisen (zusammen größer als das Saarland) und fast 350.000 Einwohnern.

An der Azubi-Messe waren beteiligt: Kreishandwerkerschaft, Handwerkskammer und Bundesagentur für Arbeit mit Ausbildungsberatung, Bäckerei Wenz, Elektrobetriebe Adam, Will und ERN, Malerbetriebe Theis und Demoler,  Metallbauer Pauly und Lorenz, Sanitär-Heizung-Klima Henkel, Schreiner Klemm, Dachdecker Unverzagt, Life Holzbau, Zimmerer Marzell und Schneider, Naturstein Reichelt und viele weitere.

Die Kreishandwerkerschaft dankt indes den zahlreichen Unterstützern und Sponsoren wie der Sparkasse Rhein-Nahe, Beinbrech, Stadt Bad Kreuznach, Wirtschaftsförderung Landkreis Bad Kreuznach, Signal Iduna und EON.