Marc Spira mit Zeichnung und Werkstück. Bild: Armin Seibert/KHS

Beistelltisch mit Tablett als Prüfungsaufgabe für Tischler-Junggesellen – Sieht einfach aus, doch im Detail werden Unterschiede deutlich – Ausstellungsraum für Gesellenstücke gesucht

Bad Kreuznach. Wir bauen einen Tablett-Tisch. Das war die diesjährige Prüfungsaufgabe für 13 angehende Tischler-Gesellen. Ein Tablett aus Weichholz mit eingelassener Sperrholzplatte, das auf ein Hartholz-Klappgestell gestellt werden soll. In sieben Stunden sollte das doch mit Maschinenhilfe und notfalls Anleitung von den BBS-Fachlehrern Markus Berger und Werkstattleiter Jörg Hachenthal machbar sein. Vom Prüfungsausschuss gibt es weitere Unterstützung von Vorsitzenden Marc Spira, den Prüfern Marco Mädler und Christian Lüttger, alle drei Tischlermeister ihres Handwerks. Denn alle Prüflinge sollten den Praxistest, der angereichert ist mit Fragen beispielsweise zur sicheren Bedingung der Fräs- oder Bohrmaschinen bestehen.

Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Das Tablett soll auf dem Scheren-Klappgestell passgenau und satt sitzen.  Es nicht wackeln, nicht darauf herumgeschoben werden können. Dafür muss die Leiste, die den Öffnungswinkel beim Aufklappen begrenzt, passgenau angebracht sein. Beim Ausprobieren der fertigen Stücke, die von den am Vortag geprüften Junggesellen gefertigt wurden sehen war alle auf den ersten Blick gleich aus. Aber beim Funktionstest werden doch kleine und feine Unterschied deutlich, die natürlich in die Benotung mit einfließen. So sind auch Unterschied bei der Verzinkung der vier Tablett-Seitenteile aus. „Wir wollen ja eine Schwalbenschwanzverzinkung sehen und keine Zahnräder,“ sagt Spira und lächelt. Gerade bei dieser kniffligen Aufgabe geht viel Zeit drauf, denn mit Beitel und Feinsäge muss millimetergenau gearbeitet werden. Die Zeichnung gibt es exakt vor. Es geht um Details beim Übertragen vom Plan auf Papier aufs Werkstück. Da kann schon in der ersten Phase der Prüfung gewaltig Stress entstehen, wenn die Interpretation der Zeichnung, der Ansatz, fehlerhaft ist.

Die Betreuer lassen ihre Prüflinge freilich nicht ins offene Messer laufen. Sie geben, wenn nötig Hinweise, hinterfragen Arbeitsabläufe. Beispielsweise bei der Maschinenbedienung, wenn das Fräsen der Nut für das Einschieben des Sperrholzbodens in den vier Tablett-Seitenteilen ansteht. Die Maschine ist in der Regel nach jeder Nutzung durch die angehenden Gesellen „verstellt“. Sie muss also neu justiert werden. Nur dann stimmt die Nut in Höhe und Tiefe exakt.  Eine Messuhr ist das probate Hilfsmittel. Nicht alle kennen genau diese Uhr, diese Fräse, wissen vieles zwar von Lehrgängen, doch in ihren Betrieben ist die Ausstattung anders, die Ausrichtung der Produktion differiert. Möbelbau im klassischen Sinne ist eher selten geworden.

Zurück zur Fräse: Der Tablettboden soll genau passen und halten – notfalls ohne Leim. Beim Anpassen der verzinkten Teile wird das an jeder Werkbank deutlich. Hier wird noch ein bisschen gefeilt, dort ein geglättet, geschmirgelt, bis sich alles passgenau ineinanderfügt. Derweil tickt die Uhr, bei dem ein oder anderen Prüfling deutet sich Stress an – sieben Stunden vergehen wie im Flug. Am Ende der Prüfung gibt es 12 frische Gesellen zu beglückwünschen. Lediglich einer bleibt weiterhin ein Lehrling und muss nochmal antreten.

In einem Nachbarraum besichtigt derweil eine Tischler-Berufsschulklasse die Gesellenstücke, die die schwitzenden Prüflinge in der Ausbildungswerkstatt in monatelanger Arbeit nach eigenen Plänen und Entwürfen in verschiedenen Stilrichtungen angefertigt haben. Vitrinen, Sideboards sind zu sehen, in verschiedenen Holzarten und Maserungen mit Metall und Glas kombiniert, geölt und lackiert. Da tun sich Welten auf zwischen der einfach anmutenden Tischler-Prüfungsarbeit und den wertvollen ja kunstvollen Gesellenstücken. Besonders ein Nussbaumtisch, der in der Mitte des Raumes steht, hat es den Azubis angetan, die das Möbelstück detailgenau untersuchen, die Schublade testen, den Lack prüfen. Da steht feine Handwerkskunst zu besichtigen, eine Ahnung, was ein Tischler mit dem Werkstoff Holz bewerkstelligen kann.

Im Nachbarkreis Rhein-Hunsrück wurden alle Gesellenstücke im Sparkassen-Foyer für die breite Öffentlichkeit ausgestellt. Einen solchen Ausstellungsraum wünscht sich Marc Spira künftig für den Kreis Bad Kreuznach und ist auf der Suche nach Kooperationspartnern. „Ich würde gerne alle Gesellenstücke ausstellen und die gute Arbeit der Prüflinge vorzeigen. Sie können stolz sein auf Ihre Handarbeit“, so Spira. Immerhin zwei exzellente Gesellenstücke, die für die „gute Form“, einen bis zur Bundesebene führenden Gestaltungs-Wettbewerb der Tischlerinnungen ausgewählt wurden, präsentiert die Sparkasse Rhein-Nahe im1. OG des S-Finanz-Forum in der Mannheimer Straße 181 bis zum 01.08.2024.

Weitere Informationen zur Ausbildung unter www.born2btischler, und die Stellenbörse mit Verweis auf Ausbildungsbetriebe in der Region unter www.khs-rnh.de.